Wittelsbacher SchülerInnen und Erasmus+
Seit Herbst 2016 ist „Erasmus +“ ein fester Bestandteil des Programms des Wittelsbacher-Gymnasiums. Eine Schule ist von Anfang an unser Projektpartner: Das „Liceo Walther von der Vogelweide“ in Bozen. Im gerade abgelaufenen Projekt waren auch das Gymnasium Janka Kráľa in Zlaté Moravce in der Slowakei, die Musikschule in Mytilini (Lesbos) und das Gymnasium „Johannes Honterus“ in Brasov (Kronstadt) mit dabei.
SchülerInnen aller Schulen arbeiten in einem solchen Projekt an einem gemeinsamen Thema, das bei den Projekttreffen, zu denen jeweils ca. sechs SchülerInnen und zwei Lehrkräfte kostenlos reisen dürfen, bearbeitet und dann – optimaler Weise auch in gegenseitigem Austausch – an den einzelnen Schulen weitergeführt wird.
„Friedenssehnsucht und Friedenssicherung“ – das 4. Erasmus+ Projekt des WBG
Drei größere Erasmus+Projekte hat das WBG in den Jahren 2016 – 2023 durchgeführt, jeweils auf zwei Jahre angelegt, zwei davon wurden wegen der Pandemiemaßnahmen verlängert. Bei all diesen Projekten arbeitete das WBG als koordinierende Schule mit vier oder einmal sogar fünf anderen Schulen zusammen. Inzwischen hat sich bei den Erasmusprogrammen Einiges verändert.
Das bisher praktizierte Modell der Zusammenarbeit gibt es in der für uns schon zur Gewohnheit gewordenen Form nun nicht mehr, stattdessen wurde uns 2022 ein Kurzzeitprojekt mit einer Dauer von bis zu 18 Monaten und darüber hinaus die Beantragung der sog. Akkreditierung empfohlen, die es einer Schule ermöglicht, über Jahre das Erasmusprogramm zu nutzen und dabei nach einem ausführlichen Startantrag über ein wesentlich verkürztes Verfahren Schüler- und Lehrermobilitäten zu beantragen. Beides wurde dem WBG genehmigt: Seit Herbst 2023 läuft das Kurzzeitprojekt zum Thema „Friedenssehnsucht und Friedenssicherung“, das bis März 2025 dauern wird, und Ende Januar 2024 wurde uns auch die Akkreditierung zugesagt, die bis Ende 2027 gültig sein wird.
Einen Wechsel gab es im 4. Projekt bei den Partnerschulen: Dass das uns über die Jahre sehr vertraut gewordene Liceo „Walther von der Vogelweide“ in Bozen unter der Leitung von Frau Dr. Adami wieder mit uns kooperiert hat, ist schon fast eine Selbstverständlichkeit, die aber gerade deshalb einer besonderen Erwähnung wert ist. Auch das Gymnasium in Brasov/Kronstadt sagte seine grundsätzliche Beteiligung an einem neuen Projekt zu. Da unsere Partnerlehrerin Frau Karagiauri aus Thessaloniki aber in den Ruhestand gegangen war und auch das Barlaeus-Gymnasium Amsterdam, drei Projekte lang unser hervorragender Partner für Theateraufführungen und höchst beliebt als Reiseziel, aus personellen Gründen letztendlich eine weitere Kooperation ausschloss, mussten wir im Januar 2023 vergleichsweise schnell zwei neue Partnerschulen finden.
Mit dem Gymnázium Janka Kráľa in Zlaté Moravce in der Slowakei und der *Mytilene Music School auf Lesbos*/Griechenland konnten wir zwei neue Verbindungen herstellen, die für das WBG und für die Projekte generell ein sehr großer Gewinn sind. Für unsere Schule sind sie besonders interessant, da uns in die Slowakei noch nie eine Reise geführt hat und gerade für ein Gymnasium wie unseres mit seinen vielfältigen musikalischen Aktivitäten die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit einer Musikschule natürlich besonders attraktiv ist. Zudem umfasst die Mytilini Music School unüblicher Weise ein griechisches Gymnasio (Schülerinnen und Schüler von ca. 12 – 15 Jahren) und ein Lykio (für ca.15 – 18jährige), so dass die an Erasmus+ beteiligte Altersgruppe der Schülerinnen und Schüler aus München und aus Bozen mit derjenigen der Schülerinnen und Schüler aus Lesbos besonders gut übereinstimmt.
Wie üblich sollten an dem Programm insbesondere die Griechisch-Schülerinnen und -Schüler des WBG und besonders aufgeschlossene Lateinlernende aus der Mittelstufe und der 11. Jgstf. teilnehmen. Ein besonderes Anliegen des Pädagogischen Austauschdienstes ist zudem die Förderung von Schülerinnen und Schülern „mit geringeren Chancen“, wozu in der Zeit des Antrages und inzwischen leider nun schon seit Jahren unsere ukrainischen Schülerinnen und Schüler zählen. Daher wurden diese auch besonders angesprochen; einige wenige sind als Gastschüler in Regelklassen, eine Reihe wurde aber auch in den beiden Ukraineklassen unterrichtet, die im Sommer 2024 allerdings leider ein Ende fanden.
Mit ca. 35 Interessentinnen und Interessenten hatten wir in dieser Projektrunde somit eine besonders große Schülerzahl, konnten aber auch mehr Teilnehmer pro Meeting fördern.
Wie bei den bisherigen Projekten vereinbarten wir eine Aufteilung der Schwerpunkte: Friedenshoffnungen und Friedenssicherung in der Antike als Schwerpunkt des WBG, das Motiv des Olympischen Friedens am Gymnázium Janka Kráľa, das sich durch zahlreiche sportliche Aktivitäten auszeichnet, die philosophische Dimension von Frieden und aktuelle Kriegs- und Friedensfragen in Bozen, das Motiv „Frieden“ in der Musik in Mytilini und das Leben unter dem diktatorialen Regime Ceaucescus und die antikommunistische Revolution in Brasov.
Vom 22. – 26. 11. 2023 fand am WBG das Startmeeting statt, zu dem Gruppen aus Bozen und vom Gymnazium Janka Kráľa zu Gast waren. Leider konnten die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums in Mytilene nicht teilnehmen, auch die Schule in Brasov wird uns zwar im Februar 2025 zum Abschlusstreffen aufnehmen, kann aber keine Teilnehmer zu Treffen entsenden. Nach einem ersten Kennenlernen der Schüler- und Lehrergruppen untereinander und einer ersten Führung durch die Stadt München wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich jeweils einem bestimmten Thema im Zusammenhang mit „Krieg und Frieden in der Antike“ annähern sollten, das sie dann am Ende präsentierten. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen finden sich – ausformuliert als Aufsätze – im ersten Teil dieses Katalogs.
In der Glyptothek erklärte Prof. Stefan Freyberger der Gruppe sehr detailliert die Figur der Friedensgöttin Eirene mit dem Plutosknaben, die – in Bozen zum Logo ausgestaltet – zum Motiv dieses Projektes geworden ist. Im Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke führte Dr. Ulrich Hofstaetter zu Olympia (Sport und Heiligtum) und Augustus (Augustus von Prima Porta und die Bildsymbole auf seinem Brustpanzer). In zwei MPZ – Führungen wurde uns München unter dem Motto „Der Fremde ist nur in der Fremde fremd“ vorgestellt und „Jüdische Spuren in München“ vorgeführt. Nicht nur die Gäste lernten hier dazu! Ein Ausflug ins Olympiastadion und ein Online – Vortrag von Prof. Kai Brodersen, insbesondere zur ẻκεχειρία, dem Waffenstillstand während der antiken Olympischen Spiele, stimmten dann schon auf das nächste Treffen in der Slowakei ein. Dieses Thema ist so wichtig, dass sich eine Schülerin auch in Form eines Aufsatzes damit beschäftigt.
Der Frühling zeigte sich bereits von seiner schönsten Seite, als eine Gruppe des WBG, bestehend aus Schülern der 11 ab, ukrainischen Schülern der 9 a und der Ukraineklasse und drei Schülerinnen aus der 9 d vom 14. – 20. 3. in der Slowakei zu Gast war. Dort hatte die projektverantwortliche Sportlehrkraft spannende „Olympische Spiele“ vorbereitet, sogar mit einer offiziellen Eröffnung der Spiele mit Fackelläufer und dem Einzug von Fahnenträgern. Die unterhaltsamen Spiele wurden in länderübergreifenden Teams organisiert und am Ende das Siegerteam gekürt. Danach erarbeiteten die verschiedenen Teams Friedensfahnen, die schließlich zusammengeheftet und am letzten Tag des Treffens auf Burg Hrušov gehisst wurden. Der Bürgermeister der 12.000-Einwohner-Stadt Zlaté Moravce hat es sich nicht nehmen lassen, uns im Rahmen einer kleinen Feierstunde persönlich zu begrüßen und unsere Unterschriften ins goldene Buch der Stadt eintragen zu lassen. Wir haben die Städte Bratislava und Nitra kennen gelernt, haben das originelle Olympiamuseum in Bratislava besucht und mit Experten Fair Play reflektiert und über Doping diskutiert. In der ehemaligen jüdischen Synagoge freute sich der ehrenamtliche Leiter über die „größte Gruppe, die er jemals zu Gast hatte“.
Bozen als Ort des 3. Treffens folgte relativ kurz darauf vom 13. bis zum 17.5., eine Terminwahl, die durch die Abiturprüfungen an allen beteiligten Schulen und durch das frühe Ende des Schuljahres in Italien Mitte Juni bedingt war. Dieses Mal waren aus München eine Gruppe von Griechisch-Schülern aus der 10. Jgstf. und eine Mädchengruppe aus der 9 b bzw. d mit dabei. Dass der frühere für Erasmus+ mit-verantwortliche, jetzt pensionierte Kollege Herr Gebauer, der bereits eine Führung beim Startmeeting übernommen hatte, uns am ersten Tag des Meetings besuchte, werten wir als besonderes Zeichen von Verbundenheit. Wir freuen uns auch über das Interesse der örtlichen Medien an unserem Besuch und unserer Arbeit (Ortszeitung „Die Dolomiten“, zwei Berichte im Radio „RAI Bozen“), die unser Projekt, unsere Themen und v. a. die Position eines prominenten Vortragenden, Prof. Roland Benedikter, Inhaber des UNESCO-Lehrstuhls für Interdisziplinäre Antizipation und global-lokale Transformation, dokumentierten und unsere inhaltliche Arbeit damit würdigten.
Unsere Jugendlichen haben sich über die Referate unseres Bozener Kollegen Dr. Hannes Petermair sehr intensiv mit Definitionen des Begriffs Frieden, mit dem Siegesdenkmal in Bozen und dessen möglicher Umbenennung in „Friedensdenkmal” und mit der Ukrainekrise auseinander gesetzt. Mitten im Vortrag über den Ukrainekrieg und die Diskussion darüber schreckte die Meldung vom Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten die Gäste aus der Slowakei auf, und es erhob sich erneut dramatisch die Frage des Umgangs mit politisch anders Denkenden, ob in Führungsebenen oder unter den Bürgern.
Ganz anders geartet war ein Workshop von Frau Petra Polli in der Festung „Franzensfeste“, die aufbauend auf einer Führung zur aktuellen Ausstellung „Frauensfeste“ die Schülerinnen und Schüler zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit deren Themen und vor allem einer eigenen fotografischen Rezeption aufforderte, deren beste Ergebnisse sich im zweiten Teil dieses Kataloges finden und in unsere Ausstellung einfließen.
Die Bozener Monumente und die „Franzensfeste“ werden in einem ausführlichen Aufsatz von Frau Direktor Adami und Frau Polli behandelt, der sich im ersten Teil dieses Kataloges findet.
Aber nicht nur Fahrten gehörten zum Erasmus – Programm, die Gruppen arbeiteten auch an ihren Schulen in den Zwischenphasen weiter. Am WBG nutzten wir vor allem die prüfungsfreie Zeit nach den Winterferien für einige Veranstaltungen: Zwei Vorträge der Schülerväter Dr. Thomas Schlemmer und Dr. Christian Schwaabe und Fotoworkhops unter der Leitung von Dr. Ulrich Hofstätter. Zusammen mit der Schülermutter Frau Roswitha Huber als Layouterin wurde die Entstehung der neuen Fotoausstellung und des vorliegenden Kataloges angedacht, die beide zum „Friedenstag“ der SMV am 14. 2. 2025 vorliegen sollten.
Im Schuljahr 2024 / 25 konnte die nächste Reise stattfinden: Das Treffen in Lesbos vom 1. – 7. Oktober 2024 war eine ganz besondere Begegnung. Lassen wir hier Frau Dr. Adami zu Wort kommen: „Rein geographisch waren wir aktuellen Kampf- und Kriegshandlungen ziemlich nahe gekommen.Und trotzdem versuchte die Erasmusplusgruppe aus München, Zlaté Moravze, Bozen und Mytilene einen ganz anderen Weg: Musik und Frieden war das Thema dieses Treffens. Mit einem beeindruckenden Konzert am 3. Oktober bewiesen die verschiedenen Schülerinnen und Schüler nach zweitägigen gemeinsamen Proben ihr musikalisches Können, vor allem aber ließen sie über Chor und Orchester erkennen, wie Musik verbinden kann, wie gemeinsames Musizieren Brücken schlagen kann – zwischen den verschiedenen Schulen, den Lehrpersonen, die sich beim Dirigieren abwechselten und z. T. auch direkt mitspielten bzw. mitsangen, dem Publikum, das seine Begeisterung mit tosendem Applaus deutlich machte: „a symbol of cooperation“, wie es der Moderator des Abends nannte.
Der nächste Tag zeigte eine ganz andere Wirklichkeit auf: Wir durften den bayrischen Diakon Günther Jäger kennen lernen, der auf Lesbos Flüchtlingen hilft. Nach dem Brand des Zentrums in Moria, dem „Human Rights Graveyard“ (wie auf den übergebliebenen Mauern zu lesen ist), gibt es aktuell verschiedene Hilfsprojekte, die in naher Zukunft leider wieder vermehrt werden müssen. Ob der Bau riesiger Flüchtlingszentren dafür der richtige Weg ist, war eine der Fragen, die im Austausch mit Herrn Jäger diskutiert wurden. Die Schülerinnen und Schüler waren zutiefst bewegt von dieser Begegnung. Am Sonntag galt es, kulturelle Besonderheiten der Insel Lesbos zu entdecken: den versteinerten Wald von Sigri, Eressos, den Geburtsort der berühmten Dichterin Sappho, und die verschiedenen Statuen zu Ehren dieser Dichterin sowie Molyvos, eine der schönsten traditionellen Siedlungen von Lesbos, ein kleines verzauberndes Städtchen am Meer. Das Treffen schloss am nächsten Tag mit der feierlichen Überreichung der Teilnahmebestätigungen in der Musikschule von Mytilene.“
Frau Adamis Fazit teilen wir sicher alle aus vollem Herzen: „Die Tage auf Lesbos waren ein Traum, geprägt von riesiger Gastfreundlichkeit und neuen Freundschaften unter den beteiligten Jugendlichen und Lehrpersonen, von nie mehr zu vergessenden Bildern und Eindrücken in einer Welt, in der wir oft inmitten von Kampf und Krieg Frieden und Zivilisation zu vergessen scheinen. Lesbos hat uns gezeigt, was möglich wäre….“
Und wie ging es nach der Reise im Oktober nachLesbos weiter?
Schon bei der Begegnung am Ort des Projektes, der „Home Village Organic Farm, auf der v. a. Olivenbäume, aber auch Gemüse angebaut werden, um daraus einerseits gesundes Essen herzustellen, das täglich an besonders vulnerable Menschen unter den Geflüchteten ausgegeben wird, andererseits, um das gewonnene Öl zu vermarkten, war für die Schülerinnen und Schüler des WBG klar: Wir möchten dieses Projekt weiter unterstützen, zumal Herr Jäger, über dessen Initiative Herr Braml im Frühjahr 2024 eher zufällig in der Passauer Zeitung gelesen und Frau Krichbaumer den Kontakt eruiert hatte, eigentlich in Oberbayern als Diakon tätig und damit recht leicht für uns „greifbar“ ist.
Eine Reihe von Fläschchen des NIKA-Öls aus der Produktion der Farm haben Erasmusteilnehmerinnen und -teilnehmer am Adventsbasar des WBG verkauft und wollen dies auch bei weiteren Gelegenheiten tun, wie den Kammermusik-Abenden. Das Wissen, dass von den erzielten Geldern Geflüchtete für eine Weile bezahlte Arbeit auf der Farm bei Mytilini erhalten können, macht die eingenommenen Gelder für uns besonders wichtig.
In Rumänien (14. 2. – 19. 2.) stand die Auseinandersetzung mit dem Ceaușescu-Regime und dessen Sturz im Vordergrund. Über Expertenvorträge (Schülerpräsentationen und v. a. Vorträge von Geschichtslehrkräften, die Zeitzeugen gewesen waren) erfuhren die Schülerinnen und Schüer vom Leben unter dem diktatorialen Regime Ceaușescus (Arbeitsalltag, Schule, Jugend, Freizeit, Zensur, Verehrungsaktionen) und den Kampf gegen Totalitarismus, insbesondere die Tage der antikommunistischen Revolution auch in Brasov (Dezember 1989) sowie die wirtschaftliche Krise v. a. der 90er Jahre. Illustrierend hierzu lernten die Schülerinnen und Schüler wichtige Schauplätze des Ceaușescu-Regimes in Bukarest kennen, wo der Diktator in seinen letzten Jahren v. a. den Parlamentspalast, ursprünglich „Haus des Volkes“ genannt, errichten ließ, nach dem Pentagon das zweitgrößte Bauwerk der Welt. Für den darauf zuführenden Pracht-Boulevard musste ungefähr ein Fünftel der Bebauung Bukarests weichen.
Der zweite Schwerpunkt bestand in der Beleuchtung des friedlichen Nebeneinanders der Religionen in Brasov: Mit den evangelischen Christen und der Geschichte der Reformation in Siebenbürgen kamen wir durch eine detaillierte Führung in der „Schwarzen Kirche“ in näheren Kontakt, besichtigt wurden aber auch die rumänisch – orthodoxen Kirchen und die Synagoge.
In Bukarest jedoch konnte der Gegensatz zwischen dem kleinen, intimen Kloster Stavropoleos – ca. 1725 gegründet und als eines der schönsten Baudenkmäler Bukarests geltend – und der höchst umstrittenen rumänisch-orthodoxen Nationalkathedrale größer nicht sein.
Neben diesen beiden Hauptthemen wurde natürlich die Geschichte Kronstadts v. a. im Historischen Museum im Alten Rathaus erkundet, aber auch in einer Präsentation “Michael Weiss und die Schüler der Honterusschule – der Kampf um Freiheit für Kronstadt und die Honterusschule im 17. Jahrhundert“ beleuchtet. Die Schulgeschichte und die Person des reformatorischen Schulgründers Johannes Honterus standen in der Einführung des Schulleiters, der Reformer auch in der Führung in der „Schwarzen Kirche“ im Fokus. Im Sportmuseum, das sich v. a. Turnen, Skisport und Bergtourismus widmet und im Rahmen der Geschichte des Sports in Brasov auch die sportliche Förderung während der kommunistischen Ära beleuchtet, konnten besonders die Schüler, die an beide Ziele gereist waren, Vergleiche zum Olympiamuseum im Bratislava ziehen.
Inhaltlich boten sich – v. a. in persönlichen Gesprächen innerhalb der einzelnen Teams – Vergleiche des beim Meeting in München erworbenen Wissens zur Aufarbeitung und Wiedergutmachung nach dem Fall des NS -Regimes mit Realitäten aus der kurz zurückliegenden Vergangenheit in Rumänien an, wovon wir uns die Bereitschaft und Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit überzeitlichen Verhaltensmustern erhoffen.
Mit Schloss Peles in der Nähe von Kronstadt lernten die Schülerinnen und Schüler ein Stück der wechselvollen Geschichte Rumäniens auch nach der kommunistischen Machtübernahme kennen. Zwischen 1873 und 1883 erbaut, diente das Schloss zunächst den rumänischen Königen als Sommerresidenz. Nach dem Sturz der Monarchie beanspruchte das kommunistische Regime Schloss Peles.
Erst nach der rumänischen Revolution wurde es wieder an den im Exil in der Schweiz lebenden (2017 verstorbenen) König Michael aus der Familie der rumänischen Hohenzollern zurückgegeben. Eine noch wesentlich wechselvollere Geschichte hat Schloss Bran hinter sich, das den Touristen zwar als „Dracula-Schloss“ dargestellt wird, in Wirklichkeit aber von Graf Vlad, dem historischen Vorbild für Dracula, nie betreten wurde. Stattdessen konnten die Schülerinnen und Schüler die wechselvolle Geschichte Schloss Brans seit dem Spätmittelalter nachvollziehen, die von Belagerungen (Türken, walachische Truppen) geprägt war, bevor es letztendlich 1920 an die Gattin von König Ferdinand I. überging. In den Jahren der kommunistischen Herrschaft befand es sich in Staatseigentum und wurde von Ceaușescu zu einer Touristenattraktion umgebaut. Nach der Revolution wurde es wieder den Habsburgern übergeben.
Am Friedenstag der SMV, dem 14. 2., war die Ausstellung aufgebaut und war der Katalog vorliegend. Wir hatten es geschafft! Bewusst reisten wir erst am Ende der 6. Stunde nach Brasov ab, um noch einigen Klassen die Führung durch die Ausstellung zu ermöglichen. Besonders unser Katalog hat schon viel Lob erhalten und soll auch im „Flüchtlingszelt“ im Innenhof des Passauer Doms in einigen Exemplaren ausliegen.
Alles Weitere ist hier zu erfahren: .

„(V)erkannte Vielfalt: Minderheiten in Europa“ – unser 3. Erasmus+Projekt (2020 – 2023)
Als wir im Sommer 2020 die Erfolgsmeldung erhielten, unser Antrag zum Projekt „(V)erkannte Vielfalt: Minderheiten in Europa“ mit dem WBG als Koordinator und Gymnasien in Bozen, Amsterdam, Brasov und Thessaloniki als Partnern, sei angenommen, ahnten wir schon, dass dieses mindestens in den Anfängen nicht so verlaufen könnte wie üblich. Dass es mehr als eineinhalb Schuljahre dauern würde, bis wir nach einer Reihe von Videokonferenzen (anfangs mit Lehrkräften, dann auch mit SchülerInnen) im Mai 2022 unsere Schülergruppen endlich live aufeinandertreffen lassen konnten, hätten wir freilich nicht gedacht.
Gemeinsam mit Amsterdam hatte sich das Wittelsbacher „Die Vögel“ des Aristophanes vorgenommen.
Mit fünf Schülerinnen aus den 9./10. Klassen begannen wir im Herbst 2021, Text und szenische Zugänge zu erproben. Aber dann kamen steigende Inzidenzen, Reisebeschränkungen! Verschieben auf Frühsommer 2022. Pause. Wiedereinstieg nach den Osterferien.
Leider konnte der Probenleiter die Aufführung am 16. 5. nur per Videostream verfolgen. Unsere Spielerinnen machten es hervorragend: Stimmlich klar, gestisch präzise, auf der großen Bühne sehr präsent und mit deutlich erkennbarer Spielfreude. Respekt! Und einen dicken Applaus für Felizia und Gilda (9 d) als die beiden Athener, für Balthasar, Elisabeth und Valena (10c) als Chor und in diversen Kleinrollen.
Aus organisatorischen Gründen – bis Ostern durften bayerische Schüler nicht reisen, im Juni/Juli macht der frühe Schulschluss in den südlichen Ländern das Reisen unmöglich – folgte das 2. Projektmeeting in Bozen rasch auf das Amsterdamer. Das Erasmusplustreffen in Bozen war ein Fest der Sprachen: Nicht nur, dass die BesucherInnen gemeinsam mit den Bozener Schülern eine dreisprachige Realität mit Deutsch, Italienisch und Ladinisch erleben durften, sondern auch in der Gruppe selbst wurden immer wieder die verschiedensten Sprachen gesprochen – incl. Latein. Das Projektthema „Minderheiten“ konzentrierte sich natürlich auf ethnische Minderheiten mit vielen verschiedenen Realitäten: Die Autonomiefrage, die Minderheitensituation, historische Entwicklungen und aktuelle Situation, das Verhältnis zwischen Gemeinden,
Provinz, Region und Staat.
Nach Amsterdam und Bozen stand mit Braşov/Kronstadt in Siebenbürgen vom 21. – 25. 9. kein übliches, gewohntes Reiseziel auf dem Programm. Umso neugieriger waren die SchülerInnen nicht nur aus München auf dieses Treffen. In der Münchner Gruppe, zusammengesetzt aus den Jahrgangsstufen 9 – 11, gab es mehrere „Newcomer“, zwar nicht im Projekt selbst, aber unter den Reisenden, es waren aber auch Schülerinnen der Q11 dabei, die unbedingt ihre internationalen Kontakte weiter ausbauen und gewonnene Bekanntschaften aus den ersten beiden Reisen weiter pflegen wollten. Und alle waren beeindruckt von der gastfreundlichen Aufnahme und Betreuung durch SchülerInnen und Lehrpersonen des Honterusgymnasiums (mit deutscher Unterrichtssprache) in Kronstadt, von der Stadt selbst und vom Programm.
München bildete Ende November / Anfang Dezember den Schauplatz des 4. Projektmeetings zum Unterthema „Minderheiten und Randgruppen in der Antike. Und heute.” Ein Programmpunkt beeindruckte am Samstagnachmittag alle TeilnehmerInnen sehr stark: eine Gesprächsrunde im Walter–Joelsen–Saal mit Refaat, einem heute Anfang 20–jährigen, damals minderjährigen Geflüchteten aus Syrien, der über verschiedene Stationen schließlich nach Deutschland gekommen und von einer Pflegefamilie aufgenommen worden war.
Durch einen spontanen Glücksgriff haben wir kurz vor dem Münchner Treffen Frau Argilli vom Evangelischen Presseverband kennengelernt. Ihre Institution erarbeitet Ausstellungen zu gesellschaftlichen Themen, die von interessierten Einrichtungen ausgeliehen oder auch käuflich erworben werden können. Die Evangelische Pressestelle betreut auch Schulprojekte, und so ließ sich Frau Argilli gerne einladen, auch am WBG das Erarbeiten und Entstehen unserer angedachten Fotoausstellung und dieses Kataloges zum Thema „Minderheiten“ zu begleiten und zu unterstützen.
Dass das interkulturelle Lernen mitunter auch problembehaftet sein kann, erfuhren dann zwei Teams des für 16. – 20. 3. anberaumten 5. und letzten Meetings in Thessaloniki. In der Nacht auf den 1. 3. waren auf der Bahnstrecke Athen – Thessaloniki ein Personenzug und ein Güterzug aufeinandergeprallt, ein Unglück, das mehr als 40 Todesopfer und ca. 80 Verletzte forderte. Griechenland war schockiert und schob einen Großteil der Schuld auf Verschleppungsmaßnahmen der Staatsregierung.
Aus diesem Grund gab es einen spontanen Verkehrsstreik am 16. 3. Der Flughafen Thessaloniki wurde an diesem Tag nicht angeflogen, und daher sahen sich das Bozener und das Amsterdamer Team mit der völlig unerwarteten Absage ihrer Flüge konfrontiert. Das rumänische Team und das deutsche Team reisten bereits am 15. 3. an und konnten noch problemlos landen. Für das Amsterdamer Team fand sich eineinhalb Tage später eine Möglichkeit über Sofia anzukommen.
In zwei hochinteressanten und beeindruckenden Vorträgen berichtete den Erasmus-SchülerInnen zunächst Frau Venetia Apostolidou von der Universität Thessaloniki über ein jahrelanges Pilotprojekt zur Ausbildung von Kindern der muslimischen Minderheit in Thrakien, zu dessen Team sie gehörte. Der nächste Vortragende beeindruckte besonders menschlich: Vater Athenagoras, ein Priester der in Dendropotamos wirkt, dem Viertel Thessalonikis, in dem die meisten Sinti und Roma leben. Möglichst viele ihrer Kinder aus ihren armen Verhältnissen herauszuholen und ihnen besonders eine gute Ausbildung zu ermöglichen, um ihnen den Weg in eine bessere Zukunft zu schaffen, sieht er als seine Lebensaufgabe.
Die Kontakte der Schule zu Vater Athenagoras ermöglichten im Mai den Besuch einer Bozener Schülergruppe, die das ausgefallene Treffen wenigstens in kleinem Rahmen nachholen wollten, in Dendropotamos, wo ebenfalls Fotos entstanden, die sie uns zur Verfügung gestellt hat, so dass unsere Ausstellung wirklich ein Gemeinschaftsprodukt geworden ist. Sie wird am WBG und umgekehrt auch in Bozen an der Schule gezeigt.
Wir freuen uns, dass unser Projekt, wenn es auch – bedingt durch die Einschränkungen der Jahre 2020 bis 2022 – mit Enttäuschungen, Befürchtungen und Umplanungen nicht geringen Ausmaßes verbunden war, zu fünf gelungenen persönlichen Treffen, zu einem bejubelten Theaterstück und zu einer ansprechenden Foto-Ausstellung geführt hat.
Die ausführliche Dokumentation des Projektes findet sich wieder unter
https://www.klassischegymnasien.eu
Projekt “Flucht und Migration von der Antike bis in die aktuelle Zeit” (2016 – 2018)
In den Jahren 2016 – 2018 haben wir ein Projekt zur Problematik von Flucht und Migration von der Antike bis in die aktuelle Zeit durchgeführt, das nach dem Höhepunkt der gemeinsamen Aufführung einer griechischen Tragödie in Amsterdam dem Wittelsbacher-Gymnasium mit einer von den Schülern – unter fachkundiger kunstpädagogischer Anleitung – selbst konzipierten Ausstellung im Museum für Abgüsse klassischer Bildwerke einen sehr schönen Erfolg bescherte: Unsere SchülerInnen durften mehrfach SchülerInnen anderer Schulen führen und errangen durch ihren Beitrag den Pegalogos-Preis des Arbeitskreises Humanistisches Gymnasium. Die durch die Ausstellung eingenommenen Spenden kamen einer Flüchtlingsunterkunft in Anogeia bei Iraklio zugute, die wir bei unserem dortigen Projekttreffen besucht hatten.
In den Jahren 2018 – 2020, so war es geplant, wollten wir uns dem Thema „Demokratie und ihre Gefährdungen“ widmen. Nach dem vor allem auf antike Texte zum Thema fokussierenden Startmeeting in München gingen wir in Thessaloniki den Wurzeln der griechischen Demokratie nach, ließen uns in Bozen von der „Macht der Bilder“ (Symbole, v. a. aber Antisymbole der Demokratie, wie sie in den faschistischen Monumenten in Bozen machtvoll aufscheinen) beeindrucken, beschäftigten uns mit den Auswüchsen des italienischen und deutschen Faschismus, brachten erneut im internationalen Team eine altgriechische Tragödie auf die Bühne und standen kurz vor unserem Abschluss-Meeting auf Kreta, das uns die ersten Spuren von Herrschaft in Europa (die Stätten der Minoer) nahebringen sollte. Alles war koordiniert und gebucht, als uns der erste Lockdown wie an allen Schulen zur notgedrungenen Absage zwang, umso schmerzlicher, als davon auch die in diesem Projekt geplante Fotoausstellung entfallen musste, die wir im Bayerischen Landtag, in der Politischen Akademie in Tutzing und an der ALP Dillingen hätten zeigen dürfen. Auch eine großzügig gewährte Projektverlängerung bis 2021 konnte die Realisierung nicht mehr ermöglichen.
Umso mehr freuen wir uns über die Bewilligung eines neuen Projektes mit dem Thema „(V)erkannte Vielfalt – Minderheiten in Europa“, zu dem im letzten Schuljahr bereits eine Reihe von Videokonferenzen stattfanden und das uns nun hoffentlich wieder live an die Orte der Partnerschulen führt. Dieses Mal ist das Gymnasium Johannes Honterus aus Brasov (Kronstadt) neu dabei.
Die Erasmus+ Projekte eignen sich besonders für Schülerinnen und Schüler v. a. der Mittel- und unteren Oberstufe, die besonders an Latein, Griechisch, Geschichte, Politik, Kunst und Theaterspiel, in diesem Projekt auch Musik, interessiert sind.
Die ausführliche Dokumentation aller Projekttreffen, Materialien und Fotos findet sich auf der gemeinsamen Homepage für Klassische Gymnasien.